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Nerventransfer-OP: Funktion nach Nervenschäden mit gesunden Nerven wiederherstellen

Eine Nerventransfer-Operation bietet eine Lösung, wenn Nervenschäden zu Bewegungs- oder Gefühlsverlust führen. Durch das Umleiten gesunder Nerven hilft sie, Funktion wiederherzustellen und die Lebensqualität zu verbessern.

Illustration of nerve transfer surgery in the arm showing healthy nerve restoring function after nerve damage

Bei der Nerventransfer-OP werden gesunde Nerven so umgeleitet, dass sie geschädigte Nerven ersetzen und Bewegung oder Gefühl zurückbringen. Sie bietet eine Option, wenn eine herkömmliche Nervenreparatur nicht möglich ist.

Schwere Nervenverletzungen können zu dauerhaftem Verlust der Muskelkontrolle oder des Gefühls führen. Jedes Jahr sind tausende Patientinnen und Patienten von langfristigen Behinderungen durch Brachialplexusverletzungen, Traumata oder verzögerte Behandlung betroffen. Der Nerventransfer ist eine entscheidende Option, um Ergebnisse zu verbessern, wenn frühe Heilung ausbleibt oder nicht mehr möglich ist.

In diesem Leitfaden erklären wir, was eine Nerventransfer-OP ist, wie sie funktioniert, wann sie empfohlen wird, wie die Erholung verläuft und wie sie sich von anderen Nervenreparaturen unterscheidet. Außerdem finden Sie Antworten auf häufige Fragen und fachkundige Hinweise, für wen diese Behandlung infrage kommt.

Was ist eine Nerventransfer-Operation?

Die Nerventransfer-OP ist ein mikrosurgischer Eingriff zur Wiederherstellung von Bewegung oder Gefühl nach schweren Nervenverletzungen. Dabei wird ein funktionierender Spendernerv, meist einer mit weniger kritischer Aufgabe, so umgeleitet, dass er einen geschädigten oder gelähmten Nerv erneut versorgt.

Dieses Verfahren wird angewendet, wenn der ursprüngliche Nerv zu stark geschädigt ist, um von selbst zu heilen, oder wenn die natürliche Heilung zu lange dauern würde, um die Muskelfunktion zu erhalten. Anstatt auf die Regeneration ab der Verletzungsstelle zu warten, verbinden Chirurgen einen nahegelegenen gesunden Nerv direkt mit dem verletzten Nerv – dadurch wird die Strecke, die regenerierende Nervenfasern zurücklegen müssen, deutlich verkürzt.

Der Nerventransfer ist besonders nützlich bei peripheren Nervenverletzungen in Schulter, Arm und Hand. Er wird auch bei Brachialplexusverletzungen und bei bestimmten Rückenmarksverletzungen eingesetzt, wenn klassische Nerventransplantate oder -reparaturen nicht sinnvoll sind. Dieser Ansatz kann helfen, Muskeln wieder zu aktivieren oder das Gefühl zurückzubringen und so die Lebensqualität zu verbessern.

Wie hilft der Nerventransfer, die Funktion wiederherzustellen?

Ein Nerventransfer stellt die Funktion wieder her, indem ein funktionierender Nerv die Aufgabe eines geschädigten oder funktionslosen Nervs übernimmt. Bei einer Nervenverletzung ist die Verbindung zwischen Gehirn und Zielmuskel bzw. Sinnesgebiet unterbrochen. Wird diese Verbindung nicht rechtzeitig wiederhergestellt, kann der Muskel seine Funktionsfähigkeit dauerhaft verlieren.

Bei der Operation wird ein gesunder Nerv, der weiterhin eine stabile Verbindung zum Rückenmark hat, zum verletzten Nerv oder direkt zum vormals versorgten Muskel umgeleitet und angeschlossen. So können Nervenimpulse die geschädigte Stelle umgehen und schneller ihr Ziel erreichen. Der übertragene Nerv bildet neue Fasern in das Zielgebiet und ermöglicht dem Gehirn nach und nach, die freiwillige Kontrolle über den Muskel zurückzugewinnen.

Dieser Prozess ist insbesondere bei peripheren Nervenverletzungen wichtig, bei denen die Regeneration ab der ursprünglichen Verletzungsstelle zu lange dauern würde. Durch die Verkürzung der Regenerationsstrecke verbessert der Transfer die Chancen auf Erholung und reduziert das Risiko einer dauerhaften Muskelatrophie.

Obwohl die Genesung Zeit braucht und häufig Physiotherapie erfordert, gewinnen viele Patientinnen und Patienten je nach Art und Zeitpunkt des Eingriffs teilweise oder vollständig Bewegung und Gefühl zurück.

Wie unterscheidet sich die Nerventransfer-OP von der Nerventransplantation?

Nerventransfer-Operationen und Nerventransplantationen werden beide zur Behandlung von Nervenverletzungen eingesetzt, folgen jedoch unterschiedlichen Methoden und kommen in verschiedenen Situationen zum Einsatz.

Bei einer Nerventransplantation wird ein Nervensegment aus einem anderen Körperbereich entnommen, um eine Lücke zwischen den beiden Enden eines geschädigten Nervs zu überbrücken. Dieser Ansatz wird typischerweise gewählt, wenn der ursprüngliche Nervenverlauf intakt ist, aber eine Lücke die natürliche Heilung verhindert. Das Transplantat dient als Leitstruktur, an der neue Nervenfasern über die Verletzungsstelle wachsen. Die Transplantation ist jedoch auf die natürliche Regeneration angewiesen, die langsam verläuft (etwa 1 Millimeter pro Tag) und möglicherweise nicht schnell genug ist, um die Funktion vor dem Eintreten einer Muskelatrophie wiederherzustellen.

Im Gegensatz dazu umgeht die Nerventransfer-OP den geschädigten Abschnitt vollständig. Ein gesunder Spendernerv wird durchtrennt und direkt mit dem verletzten Nerv oder dem funktionslosen Muskel verbunden. Das verkürzt die notwendige Regenerationsstrecke erheblich und ermöglicht eine schnellere Reinnervation des Zielmuskels. Sie wird häufig eingesetzt, wenn der ursprüngliche Nerv stark geschädigt ist oder wenn der Zeitfaktor für die funktionelle Erholung entscheidend ist.

Der Hauptunterschied liegt in der Strategie: Eine Nerventransplantation repariert den bestehenden Weg, während ein Nerventransfer einen neuen Weg mithilfe eines funktionierenden Nervs schafft. In komplexen Fällen können beide Verfahren kombiniert werden – abhängig von Ort und Schwere der Nervenverletzung.

Wann wird eine Nerventransfer-OP empfohlen?

Eine Nerventransfer-Operation wird empfohlen, wenn eine Nervenverletzung zu schwer für eine spontane Erholung ist oder wenn direkte Reparatur bzw. Transplantation die Funktion nicht rechtzeitig wiederherstellen kann. Die Zeit ist bei peripheren Nervenverletzungen kritisch, da Muskeln ihre Kontraktionsfähigkeit dauerhaft verlieren können, wenn sie zu lange ohne Nervenimpulse bleiben.

Typische Situationen sind:

  • Schwere Nervenschäden, z. B. komplette Ruptur oder Avulsion, bei denen der ursprüngliche Nerv nicht eigenständig regeneriert

  • Brachialplexusverletzungen, die das Netzwerk peripherer Nerven für Schulter, Arm und Hand betreffen

  • Verzögerte Diagnose oder Überweisung, bei der für eine Transplantation zu viel Zeit vergangen ist

  • Rückenmarksverletzungen, in ausgewählten Fällen mit intakten unteren Motoneuronen, bei denen eine Reinnervation über nahe gesunde Nerven möglich ist

  • Erfolglose Nervenreparatur oder -transplantation, wenn frühere Eingriffe die Funktion nicht wiederhergestellt haben

Chirurginnen und Chirurgen erwägen den Nerventransfer besonders dann, wenn die Distanz zwischen Verletzung und Zielmuskel für eine rechtzeitige Regeneration zu groß ist. Mit einem nahegelegenen Spendernerv wird der Regenerationsweg verkürzt und die Chance auf funktionelle Erholung erhöht.

Was passiert bei einem Nerventransfer?

Bei einem Nerventransfer identifiziert und leitet die Chirurgin bzw. der Chirurg einen nahegelegenen gesunden Nerv so um, dass er die Funktion eines geschädigten oder funktionslosen Nervs übernimmt. Ziel ist es, Bewegung oder Gefühl über einen neuen, direkteren Signalweg wiederherzustellen.

Der Ablauf umfasst typischerweise folgende Schritte:

  1. Präoperative Planung mit Nervenleitungsuntersuchungen und Bildgebung zur Beurteilung des Schadensausmaßes und Auswahl geeigneter Spender- und Empfängernerven

  2. Anästhesie und chirurgische Freilegung des betroffenen Areals, meist an Arm, Schulter oder Hand

  3. Auswahl eines entbehrlichen Spendernervs, dessen Funktionsverlust keine wesentlichen Einschränkungen verursacht

  4. Durchtrennen und Umlenken des Spendernervs zum verletzten oder Zielgebiet, häufig Anschluss an den Empfängernerv oder direkt an den betroffenen Muskel

  5. Mikrochirurgisches Zusammennähen unter dem Operationsmikroskop zur präzisen Ausrichtung der Nervenfasern

Nach der Operation beginnt der übertragene Nerv, in die neue Bahn einzuwachsen. Nervenfasern wachsen langsam, typischerweise etwa 1 Millimeter pro Tag. Mit der Zeit ermöglichen die neuen Verbindungen dem Gehirn, die Kontrolle über das zuvor gelähmte oder taube Areal zurückzugewinnen.

Der Prozess erfordert sorgfältige Nachsorge und Rehabilitation. Physiotherapie hilft, das Gehirn auf die neuen Nervenbahnen umzuschulen und die funktionellen Ergebnisse zu verbessern.

Was können Patientinnen und Patienten nach einer Nerventransfer-OP erwarten?

Die Erholung verläuft schrittweise und hängt von mehreren Faktoren ab, darunter der betroffene Nerventyp, der Zeitpunkt der Operation und die allgemeine Gesundheit. Die Operation stellt die strukturelle Verbindung her; die funktionelle Erholung hängt jedoch von der Nervenregeneration und einer wirksamen Rehabilitation ab.

Im Allgemeinen ist zu erwarten:

  • Initiale Heilungsphase: In den ersten Wochen stehen Wundpflege sowie das Management von Schwellung oder Beschwerden im Vordergrund. Das Operationsgebiet wird meist immobilisiert, um die Naht zu schützen.

  • Nervenregeneration: Der übertragene Nerv wächst mit etwa 1 Millimeter pro Tag in seine neue Bahn ein. Sensible oder motorische Verbesserungen werden meist nach mehreren Monaten spürbar.

  • Physiotherapie: Die Rehabilitation ist entscheidend. Übungen zur Muskelaktivierung, elektrische Stimulation und Sensibilitätsschulung helfen, Muskeln zu erhalten und das Gehirn auf die neuen Verbindungen einzustellen.

  • Allmähliche Funktionsrückkehr: Die vollständige Erholung kann je nach Ort des Transfers und Regenerationsstrecke 6 bis 18 Monate dauern.

  • Unterschiedliche Ergebnisse: Manche erreichen nahezu normale Bewegung oder Sensibilität, andere eine teilweise Besserung. Früher Eingriff, Operationstechnik und konsequente Therapie beeinflussen die Resultate.

Zudem wird auf Komplikationen wie Narbenbildung, Neurombildung oder unvollständige Regeneration geachtet. Regelmäßige Nachkontrollen in der Klinik stellen sicher, dass die Erholung planmäßig verläuft.

Wie sieht der zeitliche Verlauf von Nervenheilung und Rehabilitation aus?

Der Zeitplan nach einer Nerventransfer-OP variiert nach Verletzungstyp, Nervenort, Alter und Regenerationsdistanz. Typischer Verlauf:

  • Wochen 1–4: Fokus auf Wundheilung. Das Areal kann vorübergehend immobilisiert sein. Schmerzen, Schwellung oder Taubheit sind in dieser Phase häufig.

  • Monate 1–3: Die Nervenregeneration beginnt, sichtbare Funktion ist meist noch gering. Physiotherapie startet zur Erhaltung von Gelenkbeweglichkeit und Muskelzustand.

  • Monate 3–6: Erste Zeichen der Erholung können auftreten, z. B. minimale Muskelzuckungen oder ein leichtes Wiederkehren des Gefühls, abhängig vom betroffenen Nerv.

  • Monate 6–12: Regenerierende Fasern wachsen weiter mit etwa 1 Millimeter pro Tag. Die Muskelaktivierung verbessert sich, die Therapie wird gezielter.

  • Monate 12–18: In dieser Zeit treten meist die größten funktionellen Fortschritte auf. Viele erreichen bis Monat 18 ein Plateau, einzelne Verbesserungen sind darüber hinaus möglich.

Die Rehabilitation spielt während des gesamten Zeitraums eine zentrale Rolle. Therapeutinnen und Therapeuten unterstützen dabei, das Gehirn auf Signale des übertragenen Nervs einzustellen und die richtigen Muskeln zu aktivieren. Langzeitergebnisse hängen stark von frühem Eingreifen, konsequenter Therapie und der Gesamtstrategie von Klinik und Operateur ab.

Welche Risiken birgt der Nerventransfer?

Wie jeder operative Eingriff birgt auch die Nerventransfer-OP Risiken. Schwere Komplikationen sind bei erfahrenen Chirurginnen und Chirurgen selten, dennoch sollten mögliche Probleme vor der Entscheidung bekannt sein.

Wesentliche Risiken:

  • Unvollständige Erholung: Der übertragene Nerv regeneriert nicht ausreichend, wodurch Bewegung oder Gefühl nur begrenzt zurückkehren. Das Ergebnis hängt von Schweregrad, Timing und Rehabilitation ab.

  • Funktionsverlust am Spenderort: Obwohl entbehrliche Nerven gewählt werden, kann es zu geringem Verlust von weniger kritischer Funktion kommen, etwa reduzierter Bewegung oder Sensibilität in der Nähe.

  • Verzögerte Reinnervation: Nerven wachsen langsam; wenn die Reinnervation zu spät erfolgt, reagiert der Zielmuskel möglicherweise nicht mehr.

  • Neurombildung: Ein schmerzhaftes Nervenknäuel kann am durchtrennten Nervenende entstehen und chronische Schmerzen oder Überempfindlichkeit verursachen.

  • Infektion oder Wundprobleme: Wie bei jeder Operation bestehen Risiken für Infektion, Blutung oder gestörte Wundheilung, die bei korrekter Technik jedoch selten sind.

  • Fehlgeleitete Nervensignale: Mitunter interpretiert das Gehirn Signale des neuen Pfads zunächst falsch; dann ist längere Therapie zur Umlernung nötig.

Eine ausführliche Beratung in einer spezialisierten Klinik hilft, diese Risiken zu verstehen und zu prüfen, ob der Nerventransfer die geeignete Behandlung ist.

Häufig gestellte Fragen

Lässt sich eine Nerventransfer-OP mit Nerventransplantationen oder anderer Nervenchirurgie kombinieren?

Ja. In komplexen Fällen kombinieren Chirurginnen und Chirurgen Nerventransfer, Nerventransplantation oder konventionelle Nervenoperationen, um Ergebnisse zu verbessern. So können mehrere betroffene Nerven adressiert oder längere Distanzen und Muskelgruppen besser versorgt werden.

Wie erfolgreich sind Nerventransfer-Operationen?

Nerventransfers sind generell erfolgreich, besonders wenn sie innerhalb von 6 bis 12 Monaten nach der Verletzung erfolgen. Die meisten erlangen je nach Schweregrad, Zeitpunkt und Rehabilitation teilweise bis vollständige Funktion zurück. Erfolgsraten variieren je nach Verfahren und Zielmuskel und können in ausgewählten Fällen 80 % oder mehr erreichen.

Wie lange dauert eine Nerventransfer-OP?

Die Operation dauert in der Regel 2 bis 5 Stunden, abhängig von der Anzahl der beteiligten Nerven und der Komplexität der Verletzung. Einige Eingriffe sind unkompliziert, andere erfordern aufwendige Mikrochirurgie. Meist erfolgt die OP in Vollnarkose; ein kurzer stationärer Aufenthalt oder eine Entlassung am selben Tag ist möglich.

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Assoc. Prof. Ahmet Hamdi Sakarya Instagram Facebook LinkedIn

Prof. Assoc. Ahmet Hamdi Sakarya, ein führender plastischer, rekonstruktiver und ästhetischer Chirurg bei Care in Turkey, ist auf innovative ästhetische Lösungen spezialisiert.

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